Kurzstellungnahme zum Burgstall in Rauenthal
Der 2022 durch legalisierte Sondergänger zufällig entdeckte Burgstall bei Rauenthal wurde nach einem positiven Prospektionsergebnis in Zusammenarbeit mit HessenArchäologie und dem Traditionsverein Rauenthal im Herbst 2024 & Frühjahr 2025 unter Mitwirkung zahlreicher ehrenamtlicher Helfer archäologisch erforscht. Hierbei lag die fachliche Aufsicht bei Verfasser.
Dass jeden Tag bis zu 20 Helfer ehrenamtlich mitwirkten und die Aktion intensiv von der regionalen Presse begleitet wurde, zeigt die hohe Wertschätzung und Beachtung, die die Burgfreilegung in der Öffentlichkeit fand.
Die erste Grabungskampagne beschränkte sich auf einzelne Suchschnitte, die zweite auf die Vervollständigung der Befundsituation. Es fanden sich bedeutende Mauerreste
einer bis dato unbekannten Burganlage, die aus einem Turm, Palas und einer Ringmauer bestand und sich von einem Bergsporn bei Rauenthal erhob. Über die Befunde und Funde zeichnet sich eine
Nutzungszeit von etwa 1150 bis 1250 ab, als die Burg in einem Brand unterging und nicht mehr wiederaufgebaut
wurde. Diese sehr kurze Existenzdauer macht die Burg burgenkundlich sehr interessant, da sie ein eng begrenztes Zeitfenster öffnet, das keine jüngere Verunklärung erfuhr.
Mit großer Wahrscheinlichkeit handelt es sich um die verschollene Burg der Herren von Glimme, die nach dem Untergang ihrer Burg offenbar ins Tal zogen und sich fortan „von Glimmenthal“ nannten.
Freigelegt wurden bislang Reste der Ringmauer und des Hauptturms, der sich mit seinem Stumpf unter dem Waldboden erhalten hat. Damit konnten zwei wichtige Komponenten
der Burggestalt erfasst werden; Probeschnitte von 2025 lassen allerdings vermuten, dass sich auch vom Palas am talseitigen Spornende signifikante Mauerreste erhalten haben.
Nachdem der Turmstumpf im Herbst 2025 saniert und baulich gesichert werden konnte, wäre aus burgendidaktischer Sicht eine Teilfreilegung des Palas mit nachfolgender
Sanierung sehr sinnvoll, zudem wir feststellen mussten, dass der Bewuchs und die Nässe die im Boden steckenden Baureste keinesfalls schützen, sondern vielmehr zerstören bzw. zersetzen.
Da diese Burganlage für die regionale Geschichte eine neue spannende, identitätsstiftende und hochwertige Kulturattraktion darstellt und überdies auch burgenkundlich
durch ihre kurze Existenzdauer sehr wertvoll ist, sollte 2026 der Palas als eine der Hauptkomponenten der Burg teilfreigelegt und dann gemeinsam mit den Ringmauerfragmenten baulich gesichert werden.
Dies
könnte sehr gut vom 13. bis 18. April 2026 geschehen. Damit wäre diese Burg vor ihrem Abgang bewahrt. Von großer Bedeutung ist auch das recht präzise zu datierende Fundmaterial, das sehr heterogen
ausfällt, zugleich aber auch anhand einiger hochwertiger Einzelfunde zeigt, dass sich die vermutlich wohl niederadeligen Herrn von Glimme in einem gehobenen Adelsmilieu bewegten – was sich auch in
ihrer Burg spiegelt.
Eine Fortsetzung der Grabung in 2026 wäre folglich nicht nur sehr wichtig, sondern zur Abrundung der Ergebnisse und somit zu einer gelungenen späteren Erschließung der
Burgruine sehr sinnvoll. Angedacht sind eine Präsentation der Burgreste vor Ort mit entsprechenden Schutzmaßnahmen, Infotafeln, virtuelle Rekonstruktionen, Publikationen (Flyer/Broschüre),
Internetauftritt etc., bei
denen sich Sponsoren und Förderer gut präsentieren könnten.
Eisenberg-Zell, 12.11.2025
Dr. Joachim Zeune